KSW Perspektiven Magazin 5|2025 - Magazin - Seite 4
KAPITALMARKT
Zwischen Unsicherheit und Chancen
Text: Udo Rieder
Die vergangenen Wochen und Monate waren
geprägt von erheblichen Turbulenzen an den
globalen Kapitalmärkten. Besonders für jene
Anleger, die ohnehin mit Skepsis auf die Aktienmärkte blicken, dürften sich die jüngsten
Entwicklungen wie eine Bestätigung anfühlen:
Nicht selten erweckten die Kursschwankungen
den Eindruck eines Glücksspiels – ein Vergleich
mit dem Roulette-Tisch drängt sich auf. Und
derzeit scheint das Spielfeld mehr Unsicherheiten – oder tre昀昀ender: mehr „Trumps“ – aufzuweisen als üblich.
Aus dem ursprünglich optimistischen „TrumpCall“, der sich nach dem Wahlsieg der Republikaner entwickelte, wurde rasch ein
„Trump-Put“ – mit deutlichen Konsequenzen:
Insbesondere aus US-Aktien zogen Investoren
Kapital ab. Der Volatilitätsindex VIX erreichte
zwischenzeitlich Niveaus, wie wir sie zuletzt in
der Finanzkrise 2008 oder der Corona-Pandemie 2020 gesehen haben.
Die erratische Handelspolitik der Trump-Administration und die in den Raum gestellten
Eingri昀昀e in die Unabhängigkeit der US-Notenbank FED erwiesen sich als toxische Kombination für die Märkte. Neben fallenden Aktienkursen reagierten auch die Rentenmärkte mit
steigenden Renditen – vor allem in den USA.
Letztlich dürfte jedoch die Sorge um die steigenden Finanzierungskosten des hohen USHaushaltsde昀椀zits dazu geführt haben, dass
Trump außenpolitisch versöhnlichere Töne
anschlug.
Inzwischen hat sich die Lage etwas entspannt:
Die Volatilität ist deutlich zurückgegangen,
die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen
sind um rund 40 Basispunkte gefallen. Ist damit alles überstanden?
Vorsicht ist weiterhin geboten. Die US-Handelspolitik bleibt unberechenbar und trotz
Kursrückgängen sind viele US-Indizes nach wie
vor ambitioniert bewertet. Chancen bieten
sich aktuell eher in Europa und den Schwel-
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lenländern, wo die Bewertungen im Vergleich
zu langfristigen Durchschnittswerten vielfach
günstiger erscheinen. Impulse könnten auch
vom deutschen Infrastruktur- und Verteidigungspaket ausgehen, das die relative Attraktivität europäischer Aktienmärkte weiter
stärken könnte. Der zuletzt vermehrte Mittelzu昀氀uss in europäische Aktien deutet in diese
Richtung.
Einmal mehr hat sich in der jüngsten Marktphase gezeigt, dass eine breite Diversi昀椀kation
über verschiedene Anlageklassen hinweg das
Risiko im Portfolio deutlich abmildern kann.
Gold bestätigte erneut seine Funktion als sicherer Hafen. Unkorrelierte Strategien, etwa
im Bereich Volatilitätsprämien oder Katastrophenanleihen (Cat Bonds), konnten ebenfalls
Stabilität bieten. Weniger erfolgreich war hingegen die Währungsdiversi昀椀kation: Für EuroInvestoren brachte der Dollar-Verlauf zuletzt
deutliche Verluste – angesichts der politischen Unsicherheiten nachvollziehbar.
Trotz der teilweise deutlich nach unten revidierten Prognosen durch Analystenhäuser
überwiegt auf Sicht von zwölf Monaten vorsichtiger Optimismus – diesseits wie jenseits
des Atlantiks. Eine globale Rezession scheint
unwahrscheinlich, die Unternehmensgewinne dürften auch 2025 wachsen und vor allem
die EZB, in begrenzterem Umfang aber auch
die FED, werden wohl geldpolitisch unterstützend eingreifen. Insgesamt also keine schlechten Perspektiven für langfristig orientierte
Anleger.